Nachteilsausgleich

Grundsatz

Das Qualifikationsverfahren (Prüfungen) muss den fachlichen Anforderungen des jeweiligen Berufsabschlusses entsprechen und ist in der Bildungsverordnung geregelt. Für Prüfungsabsolvierende mit einer nachgewiesenen Leistungsstörung (körperliche oder psychische Behinderung) besteht jedoch ein Anspruch auf spezielle Anpassungen bei der Ausgestaltung der Prüfung. Es können aber nur formale Anpassungen vorgenommen werden, z.B. Gewährung von besonderen Hilfsmitteln oder eines angemessenen Zeitzuschlags, wenn eine Kandidatin/ein Kandidat auf Grund einer Behinderung dies benötigt (Art. 35 Abs. 3 BBV).

Beispiele von Leistungsdefiziten, bei denen ein Nachteilsausgleich beantragt werden kann:

  • Lernstörung (z.B. Legasthenie, Dyskalkulie, ADS, ADHS)
  • Sprachstörung (z.B. Störung des Redeflusses)
  • Behinderungen (z.B. Sehbehinderung, Hörbeeinträchtigung)

Bei Begabungsdefiziten, mangelnden Deutschkenntnissen oder „Prüfungsängsten“ können keine Nachteilsausgleichsmassnahmen gewährt werden.

 

Bedingungen/zu beachten

Bitte beachten Sie die folgenden Bedingungen:

  • Spätestens mit der Prüfungsanmeldung ist ein Gesuch einzureichen.
  • Dem Gesuch ist der schriftliche Nachweis über die Behinderung beizulegen. (Gutachten von anerkannten Fachstellen, wie Schulpsychologischer Dienst, Logopädischer Dienst, Psychiatrischer Dienst, IV, etc.).
  • Legasthenie oder Dyskalkulie kann nur berücksichtigt werden, wenn während der Lehre, einer Nachholbildung oder einem Wiederholungsjahr Förderangebote im Deutsch oder Rechnen oder eine Therapie besucht wurde und eine entsprechende Bestätigung dem Gesuch beigelegt ist.
  • Mit dem Gesuch um Nachteilsausgleich geben die Antragstellenden ihr Einverständnis, dass die Prüfungsbehörde (Expertengremium hat Schweigepflicht) über die Beeinträchtigung informiert wird. Dies ist notwendig, damit die vom zuständigen Prüfungskanton bewilligten Massnahmen bei der Prüfungsdurchführung korrekt umgesetzt werden können.
  • Spätester Zeitpunkt der Gesuchseinrichung: bis spätestens am 31. Oktober des jeweiligen Prüfungsjahres resp. des der Prüfung vorangehenden Jahres.
  • Später eingereichte Gesuche werden nur berücksichtigt, wenn die Beeinträchtigung nachweislich erst später entstanden ist oder festgestellt werden konnte.
  • Ein Gesuch wird erst behandelt, wenn die erwähnten Unterlagen vollständig eingereicht sind.
  • Eine Erkrankung oder ein Unfall, bei welchen eine Genesung absehbar ist, gelten nicht als «Behinderung» im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes und der eidgenössischen Berufsbildungsverordnung. Bei Krankheit oder Unfall werden die Prüfungen nach Einreichung eines Arztzeugnisses verschoben und erst durchgeführt, wenn der Gesundheitszustand die Prüfungsteil- nahme wieder erlaubt.

Gesuch

  • Auf dem Gesuchsformular (Download weiter unten) beschreiben Sie die Art der Beeinträchtigung und die Art und den Umfang der Ihrer Meinung nach notwendigen Massnahme, welche an der Prüfung getroffen werden sollte.
  • Dem Gesuch muss der schriftliche Nachweis über die Behinderung/Leistungsstörung beigelegt werden (qualifiziertes und aktuelles Gutachten):
    Mit dem gewünschten Nachteilsausgleich (mit genauen Angaben) pro Prüfungsbereich.
  • Attest einer anerkannten Fachstelle nicht älter als drei Jahre
  • Formular Fördermassnahmen, sofern welche besucht wurden
  • Folgende Unterschriften sind nötig:
    • Prüfungsabsolvent/in oder deren gesetzliche Vertretung
    • Berufsbildner/Berufsbildnerin (Lehrmeister/in)
  • Ein Gesuch wird erst behandelt, wenn die erwähnten Unterlagen vollständig eingereicht sind.
  • Spätester Zeitpunkt der Gesuchseinrichung: Bis spätestens am 31. Oktober des jeweiligen Prüfungsjahres
  • Einreichen an:

    per Post:
    Berufsbildung, Mittelschulen und Hochschulen
    Hauptabteilung Berufsbildung und Berufsberatung
    Betriebliche Ausbildung
    Qualifikationsverfahren + Prüfungsleitung
    Rosenstrasse 25
    4410 Liestal

    per Email:
    qv(at)bl.ch

Grenzen des Nachteilsausgleichs

Die Prüfungskommission ist nicht verpflichtet, sämtliche behinderungsbedingten Nachteile zu beheben. Viele Berufe und Ausbildungen erfordern besondere Eigenschaften und Fähigkeiten, die nicht alle im gleichen Mass besitzen.

Der Umstand, dass einzelne Personen ohne eigenes Verschulden gewisse Fähigkeiten nicht besitzen, darf nicht dazu führen, dass die Anforderungen der Prüfung reduziert werden.

Einerseits muss also geprüft werden, welche Massnahmen notwendig sind, damit die beeinträchtigte Person für die Prüfung die gleichen Voraussetzungen hat, wie wenn die Behinderung nicht vorhanden wäre. Andererseits dürfen die gewährten Massnahmen nicht dazu führen, dass Fertigkeiten, welche für einen bestimmten Beruf wichtig sind, nicht geprüft werden können.

Konsequenterweise handelt es sich also beim Nachteilsausgleich um technische und organisatorische Massnahmen.

Entscheid über das Gesuch

Die Prüfungsleitung teilt der Kandidatin/dem Kandidaten den Entscheid über den gewährten Nachteilsausgleich nach Erhalt aller notwendigen Unterlagen schriftlich mit.

Der Entscheid über die gewährten Massnahmen erfolgt in Absprache mit dem zuständigen Prüfungskanton und wird den Gesuchstellenden schriftlich mit Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt.

Informiert werden: Prüfungsbehörde, Expertengremium, Prüfungsabsolvent/in, Lehrbetrieb, Berufsfachschule, Lehraufsicht.

Ohne einen schriftlichen Nachteilsausgleich dürfen die Prüfungsbestimmungen nicht verändert werden. Wenn Sie also nicht innert drei Wochen einen schriftlichen Nachteilsausgleich auf Ihr Gesuch erhalten oder mindestens eine Antwort, dann fragen Sie bitte nach. Allenfalls ist Ihr Gesuch gar nicht bei uns angekommen!

Erst an der Prüfung vorgebrachte ärztliche Zeugnisse oder Atteste werden nicht berücksichtigt.

Merkblatt Nachteilsausgleich (PDF)
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Merkblatt zu Legasthenie und Dyskalkulie (PDF)
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Gesuchsformular Nachteilsausgleich (PDF)
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19. März 2021/rev. 8. August 2023